Titel: Erzähler der Nacht
Autor: Rafik Schami
Format: Taschenbuch, 273 Seiten
Verlag: Beltz
Sprache: Deutsch
ISBN-13: 978-3407789877
Verlag: Beltz
Sprache: Deutsch
ISBN-13: 978-3407789877
„Erzähler der Nacht“ von Rafik Shami erzählt ein modernes Märchen über einen alten Erzähler, der verstummt als seine Muse ihn verlässt. Es ist eine Geschichte über die Magie der Erzählung, ein modernes Märchen. Ein wenig wie die „Unendliche Geschichte“ für junge Erwachsene.
Der erste Satz:
Wie derKutscher Salim sitzend zuseinen Geschichten kam undsie unendlich lange frisch halten konnte.
Salim der Kutscher und der beliebteste Geschichtenerzähler von Damaskus ist alt geworden und so scheint es auch seiner Fee zu gehen, denn sie nimmt Abschied von ihm und zurück bleibt der alte Mann mit nur noch 21 Worten und diese sind schnell verbraucht. Doch es gibt einen Ausweg. Sollte Salim in den nächsten drei Monaten sieben einmalige Geschenke bekommen, dann wird eine neue Fee an seine Seite treten und sich seine Zunge wieder lösen.
Dies ist eine Herausforderung die Salims Freunde, die alten Männer, die sich allabendlich bei ihm treffen, annehmen um ihrem Freund zu helfen. Aber sieben einmalige Geschenke sind gar nicht so leicht zu finden.
Hintergründe:
Die Geschichte wird aus den Augen eines Jungen erzählt, und dieser Erzähler ist Schami selbst, so ist man geneigt zu vermuten. Nur ein Kind kann so leicht mir den fantastischen Elementen umgehen, die dieses Buch durchziehen. Der Junge hinterfragt nicht und gibt alles so wieder, wie er es gehört und selbst erlebt hat. So ist auch der Sprachstil einfach und klar, aber sehr märchenhaft. Damaskus erscheint als die Wiege aller Geschichten, die wie in 1001 Nacht erzählt werden. Realität und Märchen gehen dort, an diesem mythischen Ort, welchen Schami erschaffen hat, Hand in Hand und lassen sich nur schwer von einander trennen. Sie existieren beide und sind gleichbedeutend wertvoll, was mich als Leser in eine Welt entführt, die mir eigentlich fremd ist. So wird die Realität in der diese Geschichte angesiedelt ist, die Zeit des Regimes und die Angst der Menschen vor dem Geheimdienst zwar eingeflochten und teilweise verspottend aufgegriffen, doch steht sie nicht im Vordergrund. Für den Autor sind die Menschen wichtig, die Damaszener, in all ihrer ethnischen und kulturellen Vielfalt, und sie bekommen durch ihn eine Stimme in ihren Geschichten innerhalb der Geschichte.
Auszug aus dem Buch der 1000 Bücher, Harenbergverlag:
Die Geschichten, die Schami in dem Buch sammelt, sind nicht am Schreibtisch entstanden. Der Autor erzählte sie auf seinen vielen Lesungen und entwickelte sie so lange weiter, bis sie schließlich für die Buchveröffentlichung reif waren. Schami lässt seine Erzählung im Jahr 1959 spielen – kurz vor dem Einzug des Transistorradios in Syrien, das ebenso wie der zunehmende Einfluss westlicher Traditionen dazu geführt habe, dass die Erzählkunst heute auch im Orient nicht mehr so weit verbreitet ist wie noch Ende der 1950er Jahre.
Bewertung:
Ich musste schon ein wenig an mir arbeiten um den märchenhaften Ton dieses Buches akzeptieren zu können. Auch wenn ich gerne phantastische Stoffe lese, tue ich mich mit Märchen sehr schwer, weil die Erzählweise eher dem gesprochenen als dem geschriebene Wort ähnelt und zudem mit wirklich überdimensionalen Effekten nicht gegeizt wird. Allerdings haben Rafik Schamis Worte, in ihrer klaren, einfachen Art auch einen Zauber, dem ich mich über die Seiten hinweg nicht entziehen konnte. Vor allem Salim, die stumme Hauptperson der Geschichte, hat es mir dann doch angetan, denn er scheint sich mit dem Verstummen langsam aber sicher abzufinden und malt mit den Augen ein wirklich märchenhaftes Bild von Damaskus und seinen Bewohnern...
Das Buch ist zudem sehr schon gestaltet, mit Borten über dem Text, kleinen Inhaltsangaben über den Kapiteln und in den abschließenden Worten auf das nächste Kapitel verweisend und erinnerte mich daher wirklich ein wenig an die „Unendliche Geschichte“. Auch wenn das Buch nach 274 Seiten endet, so könnte es doch noch ewig weitergehen.
Fazit:
Wer Märchen mag kommt hier voll und ganz auf seine Kosten, zumal wenn er die alten orientalischen Geschichten liebt. Es ist ein Buch wie aus 1001 Nacht, wenn auch nicht ganz so umfangreich.
Ich vergebe ✦✦✦✦✧
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