Freitag, 8. Februar 2013

Kurt Tucholsky und die Bücherstapel

Peter Panther - Auf dem Nachttisch

(Weltbühne, 1929 26.02.1929, Nr. 9, S. 337)

Auf dem Nachttisch: Bücher – eine kippelnde Säule; auf dem Bett: Bücher; auf dem Rasiertisch: Bücher; hätte ich ein Töpfchen, so läge Eduard Engel darin – aber ich bin ein feiner Mann und habe kein Töpfchen und keinen Engel. Wer verlegt das nur alles? Wer druckt das? Wer kauft das? Wer liest das –? Warum wird grade dies verlegt und nicht irgend etwas andres? Wonach geht es, o unbegreifliche Lektoren! Da beklagen sie sich, dass die Buchgeschäfte nicht fest sind – verlegen aber pfundweise Bücher, die nicht gehen und nicht gehen können, weil sie mittelmäßig sind: Nichterfolge darf nur ein Genie haben, Talente haben Erfolg zu haben. Heute ist es noch früh, halb zehn Uhr, drei Premieren steigen ohne mich, Lieschen wartet an der Porte Majeure, das ist force Maillot, und der General Pinenlair, dem ich immer für schweres Geld die Grundrisse unserer Panzerkreuzer übergebe, beklopft in seinem Ministerium den Diplomatenschreibtisch mit nervösen Fingern. Alles in Ordnung – lasset uns lesen.


Mit diesem kleinen Ausbruch des Bücherstapelleids lasse ich es heute mal ein wenig ruhig angehen. Ich habe eine dicke Erkältung und die will mich einfach nicht klar denken lassen... Mit Tee, Taschentüchern und Nasenspray bewaffnet versuche ich allerdings wenigstens ein wenig zu lesen.

Eure Gecko


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